Scheidung per Internet?

Wann geht die schnelle Härtefallscheidung?

Härtefallscheidung

Was ist eine Härtefallscheidung? Welche Gründe reichen für eine Härtefallscheidung aus? Ist eine Härtefallscheidung immer sinnvoll?

Diese Fragestellungen wollen wir im folgenden Beitrag behandeln und Ihnen eine erste Orientierung im Bereich der Härtefallscheidung geben.

Wenn Ehepartner sich gemeinsam oder einzeln nach langem hin und her für eine Scheidung entschieden haben, ist die Ernüchterung oft groß, wenn diese erfahren, dass sie mindestens ein Jahr vor der endgültigen Scheidung getrennt leben müssen.

Diese einjährige Trennungsphase, auch als sogenanntes Trennungsjahr bekannt, muss bei einer normalen Scheidung immer eingehalten werden. Diese Tatsache verstehen die meisten Ehepaare nicht, da man sich ja bewusst für eine Scheidung entschieden hat und jetzt darauf warten muss.

Der Gesetzgeber hat sich nicht ohne Grund für das erforderliche Trennungsjahr bei einer Scheidung entschieden, da die Beendigung der Ehe von beiden Parteien reiflich überlegt und nicht vorschnell entschieden werden sollte. Dank des Trennungsjahres wurden sicherlich schon einige Ehen in Deutschland gerettet, da in ganz vielen Fällen die Ehegatten wieder zueinander finden und die Scheidung dann Geschichte ist.

Dennoch gibt es einen Weg, wie man eine Scheidung ohne Trennungsjahr einreichen kann und nicht zwangsweise die einjährige Trennungsphase noch abwarten muss. Dieser Weg ist eine absolute Ausnahme und findet sich in der sogenannten Härtefallscheidung wieder.

Mehr Informationen: Trennungsjahr Verkürzen

Was ist eine Härtefallscheidung?

Die Härtefallscheidung bietet die Möglichkeit eine sofortige Scheidung bei Gericht einzureichen, wobei hierfür keine einjährige Trennungsphase erfüllt sein muss, also das Trennungsjahr keine Rolle mehr spielt. Folglich ist eine Scheidung ohne vorherige Trennungsphase möglich und stellt damit eine absolute Ausnahme gegenüber der normalen Scheidung dar.

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Welche Voraussetzungen gelten für die Härtefallscheidung?

Für die Härtefallscheidung müssen insgesamt sehr strenge Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Scheidung ohne Abwarten des Trennungsjahrs möglich wird.

In § 1565 Abs. 2 BGB ist die Kernvoraussetzung für eine Härtefallscheidung eindeutig formuliert. Hier wird gefordert, dass die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus ganz offensichtlichen Gründen eine unzumutbare Härte darstellen würde. Diese offensichtlichen Gründe müssen aber eindeutig in der Person des anderen Ehegatten begründet sein, so dass ganz stark eingeschränkt wird, welche Gründe überhaupt zulässig sind.

Aus dem verwiesenen Paragraphen wird sehr schnell deutlich, dass mögliche Gründe für eine Härtefallscheidung ausschließlich bei der Person des anderen Ehegatten liegen können. So ist aber automatisch klar, dass eigene Motive des Antragstellers bei der Härtefallscheidung überhaupt keine Rolle spielen.

Hinzu kommt, dass die angeführten Gründe für eine Härtefallscheidung nicht nur berechtigt sein müssen, sondern auch noch zusätzlich von dem Antragsteller zweifelsfrei bewiesen werden müssen. Dieser Nachweis über die Gründe, warum die Fortsetzung der Ehe als unzumutbare Härte wahrzunehmen ist, macht in der Praxis manchmal Schwierigkeiten. Wenn nämlich der Antragsteller bei einer Härtefallscheidung zwar berechtigte Gründe dem Gericht vortragen kann, aber keinen ausreichenden Nachweis hierfür liefern kann, wird der Scheidungsantrag häufig einfach von dem zuständigen Gericht zurückgewiesen.

Welche Gründe reichen nicht für eine Härtefallscheidung aus?

Viele Ehepartner denken, dass folgende Gründe für eine Härtefallscheidung ausreichen, dem ist jedoch oft nicht so. Folgende Punkte sind sicherlich belastend für bestimmte Ehepartner, wobei es hier bei der Härtefallscheidung nicht alleine auf das Empfinden der Ehegatten ankommt, sondern die Situation alleine aus der Sicht eines unabhängigen Dritten beurteilt wird. Falls aus dieser unabhängigen Sichtweise ein Fortsetzen der Ehe als unzumutbare Härte wahrgenommen wird, sind erst die Voraussetzungen für die Härtefallscheidung geschaffen.

  • unordentliche oder nachlässige Haushaltsführung
  • einmaliger körperlicher Angriff auf Ehegatten (im Affekt)
  • Ehebruch: Verletzung der Ehetreue
  • Eifersucht ohne hinreichende Begründung
  • Absicht eine neue Ehe einzugehen

Welche Gründe reichen für eine Härtefallscheidung aus?

Folgende Gründe haben sich im Laufe der Jahre als ausreichend für eine Härtefallscheidung in der Rechtssprechung in Deutschland erwiesen. Falls einer der genannten Gründe in einem Fall zutrifft, besteht womöglich die Option der Härtefallscheidung. Trotzdem muss man anmerken, dass für das Vorliegen der Gründe ausreichend Beweise vorhanden sein müssen, da das Gericht ansonsten nicht sicher feststellen kann, ob die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte für einen Ehepartner darstellt.

  • einmalige oder mehrmalige Morddrohungen gegenüber dem Ehegatten
  • Suizidversuch, für den der Ehepartner nicht mitverantwortlich sein darf
  • Eingehen einer neuen Beziehung, welche zur Schwangerschaft führt
  • schwerer Alkoholmissbrauch, Ablehnung oder mehrmaliges Scheitern von Alkoholentzugsmaßnahmen
  • Drogenmissbrauch über mehrere Jahre hinweg, auch bei Anwesenheit der Kinder/Ehegatten
  • Aufnahme der Prostitution nach der Trennung vom Ehegatten
  • ernstzunehmende Nervenerkrankung, sofern diese nicht vor Eheschließung bekannt war
  • (vermeintliche) Straftaten gegenüber dem Ehegatten oder nahen Verwandten
  • schwerwiegende Beleidigungen gegenüber dem Ehegatten im Beisein der Kinder
  • harte Bedrohungen gegenüber dem Ehegatten im Beisein der Kinder
  • körperliche Misshandlungen gegenüber dem Ehegatten in Gegenwart der Kinder
  • Motiv der Eheschließung nur zum Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung
  • sexuelle Abartigkeiten (z.B. Geschlechtsverkehr mit mehreren Personen)

Neben den aufgezählten Punkten gibt es aber auch noch viele andere gültigen Gründe. Wenn man sich einen Überblick über die aktuelle Rechtssprechung verschafft, lässt sich die individuelle Situation immer noch besser einschätzen.

Welche Gründe für eine Härtefallscheidung sind streitig?

Wenn man sich die Entscheidungen der Gerichte in den letzten Jahren anschaut, dann gibt es in einigen Punkten auch Uneinigkeit über ausreichende Gründe für eine Härtefallscheidung. Die folgenden Punkte wurden in der Vergangenheit manchmal als berechtigter Grund und manchmal als nicht ausreichender Grund von den Gerichten interpretiert. Wenn also einer der Punkte in Ihrer individuellen Situation zutreffen, sollten sie sich unbedingt vorher beim Anwalt beraten lassen, inwieweit die Erfolgsaussichten auf eine Härtefallscheidung sind.

  • Verweigern von Unterhaltszahlungen für Kinder oder Ehegatten
  • Ehebruch über längeren Zeitraum, auch in der Ehewohnung
  • Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Ehe

Wer muss die Gründe für eine Härtefallscheidung beweisen?

Ganz grundsätzlich muss der Antragsteller einer Härtefallscheidung die ausreichenden Gründe detailliert dem Gericht darlegen, aber im nächsten Schritt dann auch beweisen können. Den Nachweis über das Fehlverhalten des Ehegatten können Sie beispielsweise durch Zeugenaussagen von Dritten liefern. Auch ärztliche Atteste können, je nach Fallkonstellation, sehr wichtig sein, wenn es zum Beispiel darum geht Körperverletzungen und deren Schwere vor Gericht nachzuweisen. Wenn Auseinandersetzungen innerhalb der Familie auch der Polizei gemeldet wurden oder eventuell auch Anzeigen gegen Ehepartner erstattet wurden, können diese dem Gericht auch als Beweis vorgelegt werden.

Wie ist der Ablauf einer Härtefallscheidung?

Der Ablauf der Härtefallscheidung ist nicht unbedingt viel anders als der Ablauf einer ganz normalen Scheidung.

Der erste Unterschied liegt sicherlich darin, dass bei der Härtefallscheidung keine Trennungsphase abgewartet werden muss. Diese Ausnahme ist, wie bereits oben erwähnt, nur durch spezielle Gründe zu erreichen und deshalb muss in dem Verfahren der Härtefallscheidung auch unter Umständen eine umfangreiche Beweisaufnahme stattfinden.

Zunächst müssen in dem ganz normalen Scheidungsantrag die Gründe für eine sofortige Trennung und Scheidung ausführlich vorgetragen werden. Bereits an dieser Stelle sollten dem Scheidungsantrag alle dazugehörigen Beweise beigelegt werden, so dass das Gericht den Antrag auf Härtefallscheidung schneller bearbeiten kann.

In dem Scheidungsverfahren selber findet dann gegebenenfalls eine gründliche Beweisaufnahme durch die Vernehmung von wichtigen Zeugen statt. Dieser Punkt ist nicht unbedingt zwingend, da der andere Ehepartner das Vorliegen der schwerwiegenden Trennungsgründe vielleicht gar nicht bestreitet. Falls der Ehegatte das eigene Fehlverhalten vor dem Gericht einräumt, verläuft das Scheidungsverfahren wahrscheinlich wesentlich einfacher und auch schneller.

Je nach Situation wird auch hier dann der Versorgungsausgleich durchgeführt, so dass für das Anfordern der Auskünfte unter Umständen mehrere Monate vergehen können.

Insgesamt kann sich die Härtefallscheidung durch eine aufwendige Beweisaufnahme und die zugehörige Durchführung des Versorgungsausgleich sehr in die Länge gezogen werden.

Wann ist eine Härtefallscheidung empfehlenswert?

Eine Härtefallscheidung ist nur dann empfehlenswert, wenn wirklich schwerwiegende und kaum auszuhaltende Gründe für die Kinder und Ehegatten vorliegen, so dass eine schnelle Durchführung der Scheidung notwendig wird.

Je nach Falllage muss man aber auch abwägen, ob es Sinn macht sich einer eventuell langwierigen Beweisaufnahme auseinanderzusetzen. Wenn zum Beispiel der Nachweis der Trennungsgründe nur sehr schwer zu erbringen ist, sollte man von einer Härtefallscheidung eher absehen, da in diesem Fall eine normale Scheidung vielleicht sogar schneller wäre.

Auch wenn bereits ein Großteil des Trennungsjahres vergangen ist, sollte man von einer Härtefallscheidung absehen, da eben eine normale Scheidung ohne große Beweispflicht des Antragstellers wahrscheinlich schneller oder genauso schnell wie eine Härtefallscheidung verläuft.

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Fazit

Als Fazit zur Härtefallscheidung muss man zunächst feststellen, dass hiermit eine große Ausnahme für eine normale Scheidung mit Trennungsjahr möglich gemacht wird, da keine Trennungsphase erforderlich ist und so erstmal Zeit gespart werden kann.

Weiterhin muss man aber bemerken, dass die Voraussetzungen für die Härtefallscheidung von den Familiengerichten sehr hoch gesetzt sind, da diese Möglichkeit wirklich nur für Ehepartner und Kinder in einer Notsituation gedacht ist und nicht etwa für Ehepaare, welche zu ungeduldig sind das Trennungsjahr abzuwarten.

Wenn man die Härtefallscheidung beantragt, muss man sich im Vorfeld damit auseinandersetzen, dass der Nachweis über die Scheidungsgründe schnell sehr schwer und komplex werden kann und so womöglich im Endeffekt keine Zeitersparnis herausspringt.

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